Effektive Compliance-Strukturen zur Einhaltung der Exportkontrollvorschriften werden nunmehr noch dringender und unerlässlicher. Grund dafür ist die Verschärfung der Strafvorschriften im neuen Außenwirtschaftsgesetz, das am 1. September 2013 in Kraft treten wird. Die Bundesregierung hat das Außenwirtschaftsgesetz vereinfacht und entschlackt sowie klarere Begriffsdefinitionen aufgenommen. Vor allem aber wurden die Straf- und Bußgeldvorschriften neu ausgerichtet und zum Teil deutlich verschärft.
1. Durchgängige Strafbewehrung für vorsätzliche Verstöße
Das neue Außenwirtschaftsgesetz sieht eine durchgängige Strafbewehrung für vorsätzliche Verstöße gegen außenwirtschaftsrechtliche Verbote und Genehmigungserfordernisse vor (§§ 17, 18 AWG neue Fassung). Das modernisierte Gesetz enthält eine klare Botschaft: Wer sich bewusst über das Außenwirtschaftsrecht hinwegsetzt, handelt nicht nur ordnungswidrig, vielmehr macht er sich strafbar. Zu den strafbewehrten schwerwiegenden Verstößen gehören nunmehr die vorsätzliche ungenehmigte Ausfuhr aller ziviler Güter, die für militärische Zwecke missbraucht werden können (sog. Dual-Use-Güter), sowie die entsprechenden vorsätzlichen Vermittlungsgeschäfte. Für den Verstoß gegen eine EU-Embargo-Verordnung kommt es nach dem novellierten Gesetz nicht mehr auf die Bekanntmachung des Embargos im Bundesanzeiger an. Vielmehr ist nur noch die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt maßgeblich. Die Unkenntnis von einer EU-Embargo-Verordnung schützt das Unternehmen nur innerhalb einer Schonfrist von 2 Werktagen nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt. Verstöße gegen Waffenembargos werden besonders hart bestraft, denn sie werden grundsätzlich als Verbrechen qualifiziert. Hier drohen Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Zudem löst bei Waffenembargos bereits ein leichtfertiger Verstoß die Strafbewehrung aus.
2. Möglichkeit der Selbstanzeige bei fahrlässigen Verstößen
Den strafschärfenden Vorschriften für die Verfolgung vorsätzlich begangener Verstöße steht der weitgehende Verzicht des Gesetzgebers fahrlässiges Handeln zu kriminalisieren. Dementsprechend stellen fahrlässige Verstöße gegen außenwirtschaftsrechtliche Beschränkungen oder Handlungsanweisungen grundsätzlich nur noch Ordnungswidrigkeiten dar und werden mit einem Bußgeld geahndet (§ 19 AWG neue Fassung). Dahinter steht der Gedanke, dass aufgrund des äußerst komplexen Regelungswerkes des Außenwirtschaftsrechts im Einzelfall versehentlich Arbeitsfehler auftreten können, selbst wenn das Unternehmen grundsätzlich Vorkehrungen dagegen getroffen hat und die Mitarbeiter an sich gewissenhaft arbeiten.
Auch wenn künftig einige bisher als Straftaten geahndete außenwirtschaftsrechtliche Verstöße zu Ordnungswidrigkeiten herabgestuft werden, sind Unternehmen nach wie vor der Gefahr ausgesetzt, dass ihnen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Zuverlässigkeit abspricht und ihnen aus diesem Grund die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen oder von sog. Nullbescheiden versagt. Die wirtschaftlichen Konsequenzen einer solchen Sanktion können für ein Unternehmen existentiell sein.
Interessant und für die Unternehmen äußerst relevant ist die neu geschaffene Möglichkeit einer Selbstanzeige bei bestimmten fahrlässig begangenen Form- und Verfahrensfehler, z. B. Verstöße gegen Melde- und Offenlegungspflichten, (§ 22 Abs. 4 AWG neue Fassung). Wenn der Verstoß im Wege der Selbstkontrolle aufgedeckt und der zuständigen Behörde freiwillig angezeigt wird, sowie angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines Verstoßes aus gleichem Grund getroffen werden, wird von der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit abgesehen. Eine Anzeige gilt dabei als freiwillig, wenn die zuständige Behörde hinsichtlich des Verstoßes noch keine Ermittlungen aufgenommen hat. Den betroffenen Unternehmen wird damit die Möglichkeit eröffnet, durch Eigenkontrolle unbewusste Fehltritte aufzudecken, anzuzeigen und angemessene Maßnahmen zur Vorbeugung zu treffen.
Einzelne Aspekte dieser dem Steuerrecht ähnlichen bußgeldbefreienden Selbstanzeige sind zum Teil aufgrund des etwas ungenauen Wortlauts der Vorschrift noch klärungsbedürftig. So stellt sich unter anderem die Frage, wie sich die Selbstanzeige konkret auf die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Unternehmens auswirkt. Zu klären dürfte auch sein, ob trotz ordnungsgemäß erfolgter Selbstanzeige eine Aufsichtsverletzung in Unternehmen nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (§ 130 OWiG) geahndet werden kann. Schließlich könnte sich auch noch die Frage nach der Geltung der Selbstanzeigemöglichkeit für Verstöße stellen, die vor Inkrafttreten des neuen Außenwirtschaftsgesetzes begangen wurden. Die Behörden- bzw. Gerichtspraxis wird im Laufe der Zeit diese Aspekte konkretisieren.
Die hier skizzierte Neuausrichtung der Straf- und Bußgeldvorschriften im Außenwirtschaftsgesetz führt zu neuen Herausforderungen für die außenwirtschaftsrechtliche Compliance-Struktur des Unternehmens. Sie sollte kritisch überprüft und gegebenenfalls nachhaltig verbessert werden. Eine Selbstanzeige wird nur dann eine Chance für das Unternehmen eröffnen, Schaden von sich abzuwenden, wenn es über ein gut funktionierendes außenwirtschaftsrechtliches Compliance-System verfügt. Diese Chance sollte genutzt werden.
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