Die Verordnung zur Ausschreibung der finanziellen Förderung für Freiflächenanlagen ist da
Das Bundeskabinett hat am 28. Januar 2015 eine Artikelverordnung unter der Bezeichnung „Verordnung zur Einführung von Ausschreibungen der finanziellen Förderung für Freiflächenanlagen sowie zur Änderung weiterer Verordnungen zur Förderung der erneuerbaren Energien“ verabschiedet. Sie umfasst mit Begründung etwas mehr als 100 Seiten und wurde am 11. Februar 2015 im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit trat sie am 12. Februar 2015 in Kraft (mit Ausnahme ihres Artikels 4, der Änderung der Anlagenregisterverordnung, die am 1. März 2015 in Kraft tritt).
Kernstück der Verordnung ist ihr Artikel 1, die Verordnung zur Ausschreibung der finanziellen Förderung für Freiflächenanlagen (FFAV). Sie basiert materiell auf § 88 Abs. 1 und 4 EEG 2014. Diese Regelungen knüpfen an § 2 Abs. 5 und § 55 EEG 2014 an. § 2 Abs. 5 EEG 2014 lautet: „Die finanzielle Förderung und ihre Höhe sollen für Strom aus erneuerbaren Energien und aus Grubengas bis spätestens 2017 durch Ausschreibungen ermittelt werden. Zu diesem Zweck werden zunächst für Strom aus Freiflächenanlagen Erfahrungen mit einer wettbewerblichen Ermittlung der Höhe der finanziellen Förderung gesammelt. Bei der Umstellung auf Ausschreibungen soll die Akteursvielfalt bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erhalten bleiben.“ § 55 Abs. 1 EEG 2014 weist der Bundesnetzagentur die Aufgabe zu, die Ausschreibungen durchzuführen, und Abs. 2 legt kumulativ die Voraussetzungen für den ausschreibungsbasierten Förderanspruch fest. Dabei nehmen die Regelungen jeweils auf die nun geschaffene Verordnung Bezug, die nachstehend näher vorgestellt werden soll.
Die genannten Vorschriften des EEG 2014 haben einen europarechtlichen Hintergrund. Bereits im Zuge der Novellierung des EEG im vergangenen Jahr spielte die EU-Kommission – nicht zuletzt durch die Eröffnung eines beihilferechtlichen Hauptprüfungsverfahrens gegen Deutschland im Hinblick auf den Fördermechanismus des EEG und die Besondere Ausgleichsregelung – eine erhebliche Rolle. Ferner legte sie in ihren im Frühjahr 2014 verabschiedeten Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (2014/C 200/01) fest, dass die Förderung der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen als Beihilfe einzustufen ist. Solche Beihilfen müssen ab 1. Januar 2017 grundsätzlich „im Rahmen einer Ausschreibung anhand eindeutiger, transparenter und diskriminierungs-freier Kriterien gewährt“ werden (Ziffer 3.3.2), um nicht als europarechtswidrig eingestuft zu werden.
Andere EU-Länder haben mit der Umsetzung dieser Maßgaben bereits früher begonnen. So startete beispielsweise Frankreich im Herbst 2014 ein erstes Ausschreibungsverfahren auf dem Gebiet der Photovoltaik.
Grundidee der Verordnung ist eine bessere Marktintegration des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen im Wege einer „wettbewerblichen Ermittlung der Förderhöhe durch Ausschreibungen“ (Begründung zur Verordnung, S. 1 des Umdrucks) und damit eine Abkehr von der nahezu statischen gesetzlichen Festlegung. Hierzu sollen vom gesetzlichen Ausbaukorridor für Photovoltaikanlagen gemäß § 3 Nr. 3 EEG 2014 von 2.500 MW/a (brutto) Projekte im Umfang von durchschnittlich 400 MW/a ausgeschrieben werden, § 1 FFAV. § 3 Abs. 1 FFAV staffelt dieses Volumen und legt die Gebotstermine fest (erster Termin: 15. April 2015). Die Teilvolumina dieser Staffelung unterliegen nach Maßgabe von § 4 FFAV der Anpassung.
Auf die Ausschreibungen sollen Bieter konkrete Angebote abgeben, in denen ihre Projekte im Wesentlichen nach dem Umfang der zu installierenden Leistung (mindestens 100 kW, höchstens 10 MW pro Projekt) und der Förderhöhe definiert sind. Die Förderhöhe, die die Bieter in den Angeboten angeben, stellt den Preis dar, für den sie bereit sind, die jeweiligen Projekte zu realisieren. Die Bundesregierung möchte in der Pilotphase sowohl das Gebotspreisverfahren („pay as bid“) als auch das Einheitspreisverfahren („uniform pricing“) testen.
§§ 5 ff. FFAV regeln die Einzelheiten des Ausschreibungsverfahrens wie Details zur Bekanntmachung, zu Anforderungen an Bieter und Gebote einschließlich Sicherheiten, Zuschlagserteilung usw. § 21 ff. FFAV drehen sich um das Institut der Förderberechtigung, die die Rückanknüpfung des Ausschreibungsmodells an die Vergütungssystematik des EEG bewerkstelligt. Der Grundfall ist insoweit die Direktvermarktung mit gleitender Marktprämie. § 29 sieht die Rücknahme oder den Widerruf der Förderberechtigung vor, so wie gemäß § 19 FFAV auch ein im Ausschreibungsverfahren erteilter Zuschlag zurückgenommen werden kann. In §§ 30 f. behandelt die FFAV den verordnungsspezifischen Sanktionsmechanismus der Strafzahlungen, der die Realisierungswahrscheinlichkeit der Projekte erfolgreicher Bieter erhöhen soll.
Im Anschluss daran konkretisieren §§ 32 ff. FFAV die Aufgaben der Bundesnetzagentur, wobei § 35 FFAV sie unter den dort geregelten Voraussetzungen auch zu Abweichungen von bestimmten Vorgaben der FFAV ermächtigt. In den §§ 37 und 38 FFAV sind Regelungen zur Datenübermittlung zu finden.
§ 39 FFAV schließlich enthält Vorgaben zum Rechtsschutz im Zusammenhang mit den gegenständlichen Ausschreibungsverfahren. Dabei geht der Verordnungsgeber einen bemerkenswerten Weg: Abs. 1 erklärt gerichtliche Rechtsbehelfe mit Verpflichtungsanträgen gegen die Bundesnetzagentur auf Erteilung eines Zuschlags ausdrücklich für zulässig. Sie führen im Erfolgsfall im Ergebnis zu einer Anpassung des Ausschreibungsvolumens. Im Gegenzug koppelt Abs. 2 das rechtliche Schicksal des Zuschlags und der Förderberechtigung eines im Ausschreibungsverfahren erfolgreichen Bieters von Rechtsschutzverfahren nach Abs. 1 ab, so dass keine Dreieckssituation im Sinne einer herkömmlichen Konkurrentenklage entstehen können soll.
Aus dem juristischen Blickwinkel führt eine erste Betrachtung des vorgelegten Kabinettsentwurfs zu folgenden Beobachtungen:
Auf der höchsten Ebene des innerstaatlichen Rechts sind verfassungsrechtliche Bedenken angesiedelt, die gegen die Rechtsschutzregelung in § 39 FFAV ins Feld geführt werden. Es stellt sich die Frage nach der Gleichbehandlung mit Bietern in herkömmlichen Vergabeverfahren, die damit rechnen müssen, dass die sie begünstigende Entscheidung in einem Rechtsbehelfsverfahren noch aufgehoben werden kann. Ferner muss es durchaus erlaubt sein zu fragen, ob eine solch absolute Gewichtung der Planungs-sicherheit des erfolgreichen Bieters wirklich verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist, zumal wenn dies einhergeht mit dem Ausschluss jeglicher von Konkurrenten initiierten richterlichen Rechtmäßigkeitskontrolle des Zuschlags auf erfolgreiche Gebote.
Kritikpunkte aus mehr wirtschaftlicher Sicht sind, wie etwa den Einlassungen interessierter Kreise zu entnehmen ist:
Für das laufende Jahr steht zu erwarten, dass im Lichte des § 55 Abs. 3 EEG 2014 viele Projektierer alles daran setzen werden, laufende Projekte noch bis Ende August 2015 abzuschließen, um nicht bei der Förderung leer auszugehen.
Die Ausschreibung der Photovoltaik-Freiflächenanlagen soll nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers Pilotcharakter haben und zur Sammlung von Erfahrungen mit diesem Instrument dienen. § 99 EEG 2014 sieht in diesem Zusammenhang vor, dass die Bundesregierung dem Bundestag bis spätestens 30. Juni 2016 einen Erfahrungsbericht mit Handlungsempfehlungen zur FFAV vorlegt.
In Anbetracht des eingangs beleuchteten europarechtlichen Rahmens überrascht es nicht, dass das Ausschreibungsmodell spätestens ab 2017 auf weitere Technologien der Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen (insbesondere Windkraft und Biomasse) ausgeweitet werden soll. Damit soll nicht weniger als ein „Systemwechsel“ vollzogen werden (Begründung § 53 RegE EEG 2014, S. 228 des Umdrucks), wobei bereits jetzt unter den Regierungsparteien streitig ist, ob dies gleichsam im Wege eines Automatismus' geschehen soll oder nicht.
Am Ende wird wohl tatsächlich erst die Anwendung der Verordnung in der Praxis zeigen, inwieweit die in der öffentlichen Diskussion geäußerte Kritik berechtigt ist und Fehlanreize von der FFAV ausgehen. Schon jetzt darf wohl allerdings festgehalten werden, dass die Inanspruchnahme rechtlicher Begleitung bei einer Beteiligung an den Ausschreibungsverfahren sinnvoll erscheint. Dies resultiert aus der nicht zu leugnenden Komplexität der Sache, wenngleich die Kritik am textlichen Umfang der Verordnung zum Teil unscharf ist, weil der Verordnungstext selbst ohne die Begründung nur etwa 20 und keine über 100 Seiten umfasst.
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