Bundesjustizministerium will Insolvenzantragspflicht vorübergehend aussetzen
Am 16. März 2020 teilte das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz mit, dass eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 vorbereitet wird, um Unternehmen zu schützen, die infolge der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Dadurch soll das von der Bundesregierung bereits beschlossene Maßnahmenpaket zum Schutz der Beschäftigten und Unternehmen ergänzt werden.
Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus „SARS-CoV-2“ hat inzwischen erhebliche negative Auswirkungen auf viele Unternehmen der deutschen Wirtschaft.
Immer mehr Unternehmen geraten in wirtschaftliche Schwierigkeiten und laufen Gefahr, einen Insolvenzantrag stellen zu müssen.
Zur Vermeidung einer Welle von Insolvenzanträgen bereitet das Bundesjustizministerium derzeit eine gesetzliche Regelung vor, wonach die Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 ausgesetzt werden soll.
Die Antragspflicht soll vorübergehend entfallen, wenn der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen des Coronavirus beruht und begründete Aussichten darauf bestehen, dass durch öffentliche Hilfsmaßnahmen bzw. durch ernsthafte Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen ein Beitrag zur Überwindung der Krise geleistet werden kann.
Derzeit sind Unternehmen gem. § 15a InsO verpflichtet, unverzüglich, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.
Wird diese Antragspflicht verletzt, ist das Management (Vorstand, Geschäftsführung) einem erheblichen persönlichen Haftungsrisiko ausgesetzt – zivil- und strafrechtlich.
Um den Beschäftigten und angeschlagenen Unternehmen zu helfen, hat die Bundesregierung bereits am 13. März 2020 ein Maßnahmenpaket beschlossen, welches den wirtschaftlichen Auswirkungen des Coronavirus entgegentreten soll.
Das Maßnahmenpaket beruht auf vier Säulen:
Die beabsichtigte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht durch das Bundesjustizministerium bedeutet nicht, dass Unternehmen nunmehr gar keiner Insolvenzantragspflicht unterliegen würden.
Sobald die beabsichtigte Änderung in Kraft getreten ist, sollten Unternehmen vielmehr prüfen, ob die Insolvenz aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus eingetreten ist und die weiteren noch zu konkretisierenden Voraussetzungen für die Aussetzung erfüllt sind. Nur in diesem Fall wird die Antragspflicht suspendiert. In allen übrigen Fällen bleibt es bei der Antragspflicht (und den damit einhergehenden Haftungsregeln).
Nach derzeitigem Stand ist es sehr wahrscheinlich, dass alle übrigen Pflichten, die Geschäftsführer in der wirtschaftlichen Krise von Unternehmen treffen, unabhängig von der beabsichtigten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht fortbestehen. Die damit einhergehenden persönlichen Haftungsrisiken (zum Beispiel bei Vorenthaltung des Arbeitsentgeltes oder Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern) sind somit weiterhin zu beachten.
Das Maßnahmenpaket der Bundesregierung sieht unter anderem die Einführung von erleichterten Zugangsvoraussetzungen für das Kurzarbeitergeld vor. Einen detaillierten Überblick über die Voraussetzungen zur Kurzarbeit haben wir in folgendem Beitrag für Sie zusammengestellt: COVID-19: Die wichtigsten Rechte und Pflichten des Arbeitgebers
Falls Sie Waren unter Eigentumsvorbehalt geliefert haben, sollten Sie prüfen, ob Sie gegenüber dem betroffenen Kunden ein Verarbeitungs- und Verwertungsverbot aussprechen müssen. Lassen Sie sich den im Warenlager des Kunden noch vorhandenen Warenbestand mitteilen und vereinbaren Sie mit dem Kunden, dass dieser die Waren nur dann verwenden darf, wenn er sie zuvor bezahlt.
Allein die Bitte eines Unternehmens um Zahlungserleichterung und eine daraufhin geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung führen für den Gläubiger noch nicht zu dem Risiko, in einer sich anschließenden Insolvenz des Unternehmens die erhaltenen Zahlungen aufgrund Insolvenzanfechtung zurückzahlen zu müssen. Ein solches Risiko besteht jedoch, falls weitere Umstände, wie etwa die Nichteinhaltung der Ratenzahlungsvereinbarung oder eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, hinzutreten.
Nach derzeitigen Aussagen der Bundesregierung sollten sich Unternehmen bezüglich einer Inanspruchnahme von Hilfsprogrammen an ihre Hausbank wenden. Die staatlichen Hilfen werden in Form von Krediten unter Einbeziehung der Geschäftsbanken gewährt. Dabei soll nach dem Maßnahmenpaket der Bundesregierung der Staat für die beschleunigte Vergabe und Absicherung der Kredite sorgen.
Soweit es sich daher um Darlehen handelt, ist sorgfältig zu prüfen, ob es Sinn macht, ein solches aufzunehmen, da sich hierdurch die Verschuldung erhöht und ein Darlehen auch wieder zurückgezahlt werden muss.
Zu beachten ist auch, dass eine Darlehensvergabe durch Banken nicht voraussetzungslos erfolgen darf, sondern jedenfalls die Voraussetzungen für die Vergabe eines Überbrückungskredits vorliegen müssen. Ob die Banken zudem selbst bei durch die KfW rückgedeckten Darlehen bereit sind, ein bei ihnen verbleibendes Restrisiko zu tragen, oder ob es auch hier eine Anpassung geben muss, wird sich zeigen.
Einen Überblick zu den aktuellen beihilferechtlichen Möglichkeiten geben wir Ihnen in folgendem Beitrag: State Aid Rules and COVID-19 (Coronavirus) in the EU.
Bereits in der Vergangenheit hat die Bundesregierung auf Naturkatastrophen mit ähnlichen Maßnahmen reagiert, um Unternehmen in der Krise zu schützen.
Beispielsweise hat die Bundesregierung bei den Hochwasserkatastrophen in den Jahren 2002 und 2013 geschädigte Unternehmen durch eine Aussetzung der gesetzlichen Insolvenzantragspflicht unterstützt.
Gerne unterstützen wir Sie bei diesen und weiteren Fragen. Unser deutschlandweit mehr als 20 Anwälte umfassendes Restrukturierungs- und Insolvenzteam steht Ihnen jederzeit zur Seite. Wir helfen Ihnen, sicher durch die Krise zu navigieren.
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