In der „Corona-Krise“ ist es wichtig, dass wir alle zusammenhalten. Die Bundesregierung schränkt nun zugunsten der Mieter das Kündigungsrecht des Vermieters ein. Auch daher sind bei anstehenden solidarischen Vereinbarungen der Mietparteien die rechtlichen Fallstricke und Haftungsgefahren – vor allem auch des Insolvenzrechts – im Blick zu behalten.
Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus „SARS-CoV-2“ hat inzwischen auch negative Auswirkungen auf viele Unternehmen der deutschen Wirtschaft.
Themen, die im Mietverhältnis sonst eher vernachlässigbar sind, können in ein ganz neues Licht geraten. Für Vermieter stellt sich die Frage, wie sie im Mietverhältnis und ganz besonders auch für den Fall der Mieterinsolvenz aufgestellt sind, und wie sie sich vor der Insolvenz bei Zahlungsschwierigkeiten des Mieters verhalten sollen.
Nachfolgende Ausführungen und Antworten auf jetzt vermehrt aufkommende Fragen haben die Vermietung von Gewerberaum im Blick. Für Vermietung von Wohnraum kann es Abweichungen geben.
Durch die außergewöhnlichen Umstände werden völlig übliche Klauseln, die bislang vernachlässigt wurden, auf den Prüfstand gestellt – der Vermieter wird prüfen müssen, ob erhöhte Anforderungen an seine Verkehrssicherungspflicht für Gemeinschaftsflächen bestehen. Den Vermieter trifft üblicherweise hinsichtlich aller dem Mieter zur Mitbenutzung zur Verfügung stehenden Flächen (zum Beispiel Treppenhaus, Bürgersteig, Hauszugänge, Aufzug, Toiletten im Einkaufszentrum, etc.) eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Danach hat er alles zu tun, um den Mieter bzw. dessen Mitarbeiter und Besucher vor Schäden an Körper und Gesundheit durch den mangelhaften Zustand der Mietsache (bzw. der genannten sonstigen Flächen) zu bewahren.
Im Einzelfall wird zu prüfen sein, ob COVID-19, die behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung oder die Reaktion der allgemeinen Bevölkerung als höhere Gewalt im Rechtssinne gelten können.
Zum Teil wird höhere Gewalt definiert als eine Einwirkung von außen, die außergewöhnlich und nicht abwendbar ist, zum Teil mit der Folge, dass keiner Partei Verschulden zugerechnet wird. Relevant werden könnte dies zum Beispiel für den Ausbau von Mietflächen, falls der Vermieter einen Übergabetermin nicht einhalten kann, weil die Bauarbeiten infolge der Krise eingestellt werden müssen.
In Fällen höherer Gewalt kann es auch zu einer sog. Störung der Geschäftsgrundlage kommen, mit dem Ergebnis, dass eine Partei eine Anpassung an die geänderten Umstände verlangen kann. Dem sind aber enge Grenzen gesetzt. So kommt eine Anpassung aufgrund einer Störung der Geschäftsgrundlage grundsätzlich nur in Betracht, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Hierbei kann die Anpassung nur soweit verlangt werden, wie einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Vorbehaltlich vertraglicher Sonderregelungen weist das Gesetz in § 537 Abs. 1 BGB grundsätzlich dem Mieter das sogenannte Verwendungsrisiko bzgl. der Mietsache zu. Es ist also grundsätzlich seine Sache, ob er mit der Mietsache und ihrer Verwendung Gewinne erzielt oder nicht. Auch entspricht es der allgemeinen Meinung, dass eine Verschlechterung in den wirtschaftlichen Verhältnissen einer Partei grundsätzlich zu ihren eigenen Lasten geht.
Ob dies auch gilt, wenn z. B. Bars, Einzelhändler oder Hotels keinen Umsatz mehr machen, weil Ihnen der Betrieb untersagt oder ihre Schließung angeordnet wird, wird im Einzelfall geprüft werden müssen. Ein Anspruch auf Stundung oder gar Reduktion der Miete wird nach der Rechtsprechung vor COVID-19 wohl in der Regel scheitern, wenn eine Festmiete vereinbart wurde, da die Parteien dadurch eben zum Ausdruck bringen, dass es Sache des Mieters ist, Umsatz zu machen. Bei einer vereinbarten Umsatzmiete ist hingegen der Vermieter von vornherein an dem Risiko beteiligt. Nicht auszuschließen ist, dass die Rechtsprechung aufgrund von COVID-19 die Risikoverteilung verlagert.
Scheiden Stundung oder gar Reduktion der Miete aus, muss der Mieter die Miete in unveränderter Höhe zahlen – was bei gleichzeitig wegbrechenden Einnahmen zu seiner Insolvenz führen kann, sollten angekündigte staatliche Hilfen nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen.
Laut des Entwurfes des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 22. März 2020 zum „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID.19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“, geändert durch Kabinettsvorlage vom 23. März 2020, soll der Vermieter ein Mietverhältnis über Räume oder Grundstücke – mithin egal ob zu gewerblichen oder wohnlichen Zwecken vermietet – bis zum 30. Juni 2022 nicht kündigen können, wenn der Kündigungsgrund nur darauf beruht, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern das auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruht. Das dies der Fall ist wird gesetzlich zunächst vermutet. Andere Kündigungsmöglichkeiten bleiben unberührt; dieser Kündigungsausschluss kann aber auch nicht abbedungen werden. Für Pachtverhältnisse gilt dies entsprechend.
Des Weiteren werden Vermieter und Mieter sich verstärkt Gedanken machen müssen, welche Auswirkungen auf Offenhaltungs- oder Betriebspflichten bestehen. Bei behördlich angeordneten Schließungen dürften Betriebspflichten ohne weiteres suspendiert sein. Was aber, wenn der Mieter freiwillig schließen will, weil dies zwar nicht angeordnet, wohl aber empfohlen wird? Oder weil seine Mitarbeiter*innen aufgrund Kinderbetreuung oder Sorge vor Ansteckung zu Hause bleiben? Insgesamt wird es voraussichtlich darauf ankommen, ob eine Pflichtverletzung, zum Beispiel das Herbeiführen einer Gesundheitsgefahr, einer der Parteien zuzuordnen ist, bzw. auch, ob eine Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit besteht, und sich damit ggfls. über den Grundsatz von Treu und Glauben die Rechte und Pflichten der Parteien ändern.
Grundsätzlich sind für einen Übergang des Mietverhältnisses und für eine Untervermietung jeweils eine Zustimmung des Vermieters erforderlich. Übertragung bzw. Untervermietung sind in der Regel Hinweise dafür, dass der Mieter nicht weiter betreiben will. Im Rahmen einer Zustimmung sollte genau geprüft werden, ob mit dem neuen Mieter bzw. Untermieter das Mietverhältnis fortgesetzt werden sollte, oder ob stattdessen eine Aufhebung für alle Beteiligten sinnvoller sein könnte. Für Übertragung bzw. Untervermietung sind Besonderheiten der Auswirkung einer Insolvenz auf den Haupt-/Untermietvertrag bzw. die Vertragsübertragung zu beachten.
Zwar hat die Bundesregierung zugleich mit den Änderungen des Mietrechts auch eine Aussetzung der Insolvenzantragspflichten beschlossen, diese gilt freilich nicht unbegrenzt, so dass gleichwohl Insolvenzen in Folge der Pandemie nicht auszuschließen sind.
Mietverträge werden in der Insolvenz des Mieters grundsätzlich fortgesetzt (§ 108 InsO). Forderungen, die gegen den Mieter vor Insolvenz entstanden sind, sind grundsätzlich Insolvenzforderungen mit der Folge, dass sie zur Tabelle angemeldet werden müssen, und der Vermieter mit einer Quote ausgeht, welche in der Regel (weit) unter der Forderungshöhe liegt. Forderungen nach Insolvenzeröffnung sind grundsätzlich Masseforderungen.
Zudem gilt schon ab Stellung eines Insolvenzantrages eine Kündigungssperre. So darf der Vermieter dann nicht mehr wegen eines Zahlungsverzugs in der Zeit zuvor oder unter Berufung auf die Verschlechterung der Vermögenslage des Mieters kündigen (§ 112 InsO).
Für Nebenkosten gilt das gleiche wie für Nettomieten: Vor Insolvenz gelten diese als Insolvenzforderungen, danach als Masseforderungen. Der Vermieter ist also gehalten, Ablesungen vorzunehmen und stichtagsbezogene Nebenkostenabrechnungen durchzuführen, um bei Eintritt der Insolvenz im laufenden Abrechnungsjahr ab Insolvenzeröffnung Nebenkostennachzahlungen als Masseforderung zu erhalten.
Verfügungsbefugt und Ansprechpartner in der Insolvenz ist grundsätzlich der Insolvenzverwalter. Der Vermieter hat bei Insolvenz des Mieters grundsätzlich kein insolvenzbedingtes Sonderkündigungsrecht. Er hat nur dann ein insolvenzbedingtes Rücktrittsrecht, wenn die Mietsache noch nicht an den Mieter übergeben wurde. Für den Insolvenzverwalter besteht in der Insolvenz des Mieters ein frühzeitiges Kündigungs- bzw. Rücktrittsrecht. Schadensersatzansprüche wegen dieser dann frühzeitigen Beendigung gegenüber der vertraglich vereinbarten Laufzeit können dann nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden (§ 109 InsO).
Mit dem Insolvenzverwalter sollte frühzeitig Kontakt aufgenommen werden, um zu ermitteln, ob der Betrieb fortgesetzt werden soll. Der Insolvenzverwalter ist allerdings nicht verpflichtet, sofort sein Sonderkündigungsrecht auszuüben.
Es ist sinnvoll, fortlaufend wachsam zu sein. Sobald der Mieter beginnt nicht mehr pünktlich zu zahlen besteht schon ein Risiko. Denn ist ein Insolvenzantrag gestellt, gilt erst einmal – über die neu eingeführte Sperre hinaus – auch die Kündigungssperre des Insolvenzrechts (siehe oben). Zum anderen können Verfügungen des Vermieters später anfechtbar sein – verschärft, wenn ihm Kenntnis von der drohenden Insolvenz nachgewiesen werden kann. Die Kenntnis wird etwa dann vermutet, wenn der Mieter gar nicht mehr oder schleppend zahlt (siehe unten).
Vor Insolvenz erbrachte Mietsicherheiten kann der Vermieter grundsätzlich nach Insolvenzeröffnung behalten. Dafür müssen sie aber vereinbart und erbracht worden sein. Zu prüfen ist dabei, auf welche Ansprüche im Mietverhältnis sich Mietsicherheiten beziehen. Für Mietbürgschaften ist rechtzeitig darauf zu achten, dass diese auch für spätere Erweiterungen im Mietverhältnis gelten. Die Erweiterung sollte mit Blick auf mögliche Insolvenzanfechtungstatbestände nicht erst bei Zahlungsschwierigkeiten des Mieters vorgenommen werden. Nach Insolvenzeröffnung ist der Anspruch auf Beibringung der Mietsicherheit oder auch Auffüllung der Mietsicherheit grundsätzlich Insolvenzforderung.
Inwieweit nun nach Ausbruch der Pandemie Nachbesicherungen für Mieter noch belastbar möglich sein werden bleibt unklar. So sind nach dem hier erwähnten Covid-19-Abmilderungsgesetz Sicherheiten für nach dem 1. April 2020 gewährte Kredite nicht mehr so einfach in der Folgeinsolvenz anfechtbar; ob dies analog auch auf Erweiterung der Metsicherheiten anwendbar sein wird ist aber so weder geregelt, noch ansonsten absehbar.
Im dann ggf. eintretenden Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Mieters wird ihm die Verwaltungsbefugnis entzogen. Ein Anspruch auf Erstattung eines Nebenkostenguthabens oder ein Kautionsrückzahlungsanspruch fallen in die Masse und können nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Eine Zahlung an den Mieter befreit den Vermieter daher nicht. Aufrechnungsmöglichkeiten gegen Forderungen des Mieters sind zu prüfen.
Wenn der Insolvenzverwalter insolvenzbedingt kündigt und ankündigt, den Laden zu räumen, sollten Vermieterpfandrechte überprüft werden.
Hier sind die Umstände des Einzelfalles entscheidend. Alleine die Bitte eines Unternehmens, ihm eine Zahlungserleichterung zu gewähren (z.B. in Form der Ratenzahlung) und die daraufhin geschlossene Zahlungsvereinbarung, führen für den Gläubiger generell noch zu keinem Risiko, in der sich ggf. anschließenden Insolvenz des Schuldners, die erhaltenen Zahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung zurückzahlen zu müssen. Ein Risiko besteht aber, falls weitere Umstände hinzutreten wie etwa:
Auch hier könnte der Schutz des Covid-19-Abmilderungsgesetz für Tilgung neuer Kredite ggf. greifen. Belastbar ist das aber auch noch nicht.
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