Bislang galt gemäß § 3 Abs. 2 VOB/A bei unterschwelligen Bauvergaben der Vorrang der Öffentlichen Ausschreibung. Öffentliche Auftraggeber können mit dem neuen § 3a VOB/A nunmehr auch im Unterschwellenbereich frei zwischen der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb wählen. Gleichzeitig wird die „Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb“ in „Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb“ umbenannt und deren Ablauf im neuen § 3b Abs. 3 VOB/A ausführlich beschrieben.
Hinweis: Öffentliche Auftraggeber können nur frei zwischen der Öffentlichen Ausschreibung und der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb wählen! Für die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb gelten die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 VOB/A
Kleinstaufträge können mit der neuen VOB/A direkt vergeben werden. Mit § 3a Abs. 4 führt die VOB/A den Direktauftrag als unkomplizierte Vergabeart für Aufträge unter einer Erheblichkeitsschwelle ein. Kleinstaufträge sind solche mit einem Wert von bis zu 3000 € (ohne Umsatzsteuer). Neben der konkreten Wertgrenze von 3000 € sind die haushaltsrechtlichen Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Zudem dürfen Kleinstaufträge nicht dazu genutzt werden, vergaberechtliche Anforderungen zu umgehen. Anders als bei der Freihändigen Vergabe und der Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb müssen Öffentliche Auftraggeber nicht darauf achten, die zu beauftragenden Unternehmen möglichst zu wechseln.
Selbstreinigung und Bietereignung – Strafrechtlich relevantes Verhalten kann den Verlust der Bietereignung wegen schwerer Verfehlung nach sich ziehen, § 6a Abs. 2 Nr. 7 VOB/A. Daraus folgt ein Ausschluss aus Vergabeverfahren der Öffentlichen Hand. Bieterunternehmen kann der Ausschluss aus dem Öffentlichen Auftragswesen wirtschaftlich erheblich beeinträchtigen. Seit 2016 kennt die Oberschwellenvergabe mit der „Selbstreinigung“ nach § 6f EU VOB/A einen Mechanismus, durch den Unternehmen ihre Zuverlässigkeit vorzeitig zurückerlangen können. Obwohl die VOB/A den Mechanismus nicht direkt übernommen hat, macht der neue § 6a Abs. 1 VOB/A klar:
Was für Selbstreinigung im Oberschwellenbereich reicht, reicht auch als Eignungsnachweis für die Unterschwellenvergabe. Öffentliche Auftraggeber in der Unterschwellenvergabe müssen bei der Beurteilung der Eignung dementsprechend § 6f EU VOB/A im Blick behalten, wenn sie nicht ohnehin nach § 6 Abs. 1 WRegG zu einer Registerabfrage beim Bundeskartellamt verpflichtet sind.
Gesetzliche und tarifvertragliche Sozialversicherungsbeiträge – Zum Eignungsnachweis gehört die ordnungsgemäße Abführung von Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen. Während das OLG Koblenz dem Wortlaut des § 6a Abs. 2 Nr. 8 VOB/A folgend („gesetzlichen Sozialversicherung“) tarifvertragliche Sozialkassen nicht von der Vorschrift erfasst sah, sieht die Parallelvorschrift § 6e EU Abs. 4 Nr. 1 VOB/A das Merkmal „gesetzlich“ nicht vor, sodass im Oberschwellenbereich tarifvertragliche Sozialkassen erfasst sind. Durch die Streichung des Merkmals „gesetzlich“ in § 6a Abs. 2 Nr. 8 VOB/A macht der VOB/A-Geber deutlich, dass künftig auch im Unterschwellenbereich tarifvertragliche Sozialkassen erfasst sein sollen.
Nutzung vorhandener Nachweise – Ein Öffentlicher Auftraggeber kann schon aus vergangenen Vergabeverfahren im Besitz der Nachweise mancher Bieter sein. Eine erneute Vorlage kann praktisch einen vermeidbaren Aufwand bedeuten. Die neue VOB/A trägt diesem Umstand Rechnung. Liegen dem Öffentlichen Auftraggeber Nachweise bereits vor, verzichtet er nunmehr gemäß § 6b Abs. 3 VOB/A auf diese. Voraussetzung ist, dass der Öffentliche Auftraggeber bereits tatsächlich im Besitz der Nachweise ist.
Gerechtfertigter Verzicht auf Nachweise – Die VOB/A führt durch § 6a Abs. 5 VOB/A eine weitere Entlastung ein. Bis zu einem Auftragswert von 10.000 € können Öffentliche Auftraggeber auf Eignungsnachweise nach § 6a Abs. 2 Nr. 1 – 6 VOB/A verzichten. Der Verzicht muss durch die Art und den Umfang des Auftrags gerechtfertigt sein, begründet und nach § 20 Abs. 2 VOB/A dokumentiert werden.
Erleichterter Teilnahmeantrag – Schließlich vereinfacht die neue VOB/A auch Teilnahmeanträge bei Beschränkten Ausschreibungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb hinsichtlich der zu erbringenden Nachweise. Während alle Nachweise bislang mit dem Teilnahmeantrag eingereicht werden mussten, reichen dem Teilnahmeantrag für Beschränkte Ausschreibungen mit Teilnahmewettbewerb nach § 6b Abs. 2, 4 VOB/A ab jetzt auch Eigenerklärungen der Bieter. Erst bei Angebotsabfrage durch den Öffentlichen Auftraggeber müssen die betreffenden Bieter die Nachweise erbringen.
Beschränkbarkeit der Anzahl von Hauptangeboten – Öffentliche Auftraggeber können mit den neuen § 8 Abs. 2 Nr. 4 bzw. § 12 Abs. 1 Nr. 2 lit. k VOB/A die Abgabe mehrerer Hauptangebote – wie bei Nebenangeboten – in ihrer Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen ausschließen. Die VOB/A schränkt die Kombinationsmöglichkeiten und Positionsvarianten schon von sich aus ein. Jedes Hauptangebot muss nach § 13 Abs. 3 VOB/A nämlich aus sich heraus zuschlagsfähig sein, selbst wenn eine Einschränkung der Anzahl durch den Öffentlichen Auftraggeber nicht vorgenommen wurde. Ein Verstoß gegen diese Vorgaben führt zwingend zum Ausschluss des Angebots / der Angebote des jeweiligen Bieters, § 16 Abs. 1 Nrn. 7, 9 VOB/A.
Bekanntgabe von Zuschlagskriterien – Nach § 12 Abs. 2 lit. r VOB/A sind die Zuschlagskriterien und deren Gewichtung nunmehr bereits in den Vergabeunterlagen bzw. in der Bekanntmachung zu nennen. Mit der Etablierung dieser Bekanntgabepflicht wird dem Transparenzgrundsatz Rechnung getragen, wodurch Bauvergabeverfahren rechtssicherer werden sollen. Mit dieser Regelung nähert sich das unterschwellige Bauvergaberecht an das europäische Vergaberecht und an die dem europäischen Vergaberecht nachgebildeten UVgO-Vorschriften an.
Nachforderung von Unterlagen – Die Nachforderung von Unterlagen wird mit dem vollständig neu formulierten § 16a VOB/A neu geregelt. Öffentliche Auftraggeber bleiben grundsätzlich zur Nachforderung von Unterlagen verpflichtet, können sich dieser Pflicht nunmehr aber mit einem Hinweis in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen entziehen, § 16a Abs. 1, 3 VOB/A. Fehlende Preisangaben dürfen nach Abs. 2 nicht nachgefordert werden, wenn sie wesentlich für das Angebot sind. Die gesetzliche, sechstätige Fristbestimmung wurde gestrichen. Die VOB/A verzichtet nunmehr auf eine eigene Fristbestimmung und legt deren Bestimmung in die Hand der Öffentlichen Auftraggeber. Dennoch soll die Frist nicht länger als sechs Tage sein. In begründungsbedürftigen Ausnahmefällen wird eine längere Frist damit künftig zulässig sein. Eine Überschreitung dieser auftraggeberseitig festgelegten Frist führt zum Angebotsausschluss. Diese Vorschrift gilt entsprechend für den Teilnahmewettbewerb.
Angebotswertung – Der Zuschlag wird auf das nach den bekanntgemachten Zuschlagskriterien wirtschaftlichste Angebot erteilt. In Annäherung an das Europäische Vergaberecht hat der VOB/A-Geber mit dem neuen § 16d Abs. 1 Nr. 4 VOB/A das Zuschlagskriterium „Wirtschaftlichkeit“ dahingehend konkretisiert, dass es sich aus dem Verhältnis von Preis und Leistung zusammensetzt. Eine reine Preisvergabe ist damit in Vergabeverfahren mit einem konkret formulierten Leistungsverzeichnis zulässig. Bei Ausschreibungen mit funktionalen Leistungsbeschreibungen dürfte eine reine Preisvergabe unzulässig sein, auch wenn der neue § 16d Abs. 1 Nr. 4 VOB/A davon spricht, dass „neben dem Preis oder den Kosten auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigt werden“ können. Diese vermeintlich offene Formulierung, bei der eine reine Preisvergabe immer denkbar erscheint, wird durch die vorgelagerte Definition der Wirtschaftlichkeit überformt, die im Sinne der einschlägigen BGH-Rechtsprechung so zu verstehen ist, dass der Preis mit mindestens einem leistungsbezogenen Kriterium ins Verhältnis zu setzen ist. Öffentliche Auftraggeber sollten für eine rechtssichere Vergabe neben dem Preis daher auch Qualitätskriterien bei der Angebotswertung und dem Zuschlag berücksichtigen, wenn sie statt auf ein konkret formuliertes Leistungsverzeichnis auf eine funktionale Leistungsbeschreibung zurückgreifen wollen.
Vergaben im Ausland – Eine neue Vorschrift befasst sich mit Vergabeverfahren von Auslandsdienststellen bzw. im Ausland zu erbringenden Bauleistungen. Der § 24 VOB/A erleichtert solche Vergabeverfahren durch die Öffnung für die Wahl des freihändigen Vergabeverfahrens, die Möglichkeit zum Verzicht auf Eignungsnachweise nach § 6a VOB/A und die Möglichkeit zur Abweichung der Vertragsbedingungen nach VOB/B und VOB/C.
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