Mit mittlerweile mehr als 40.000 bekannten Infizierten breitet sich das Corona-Virus immer weiter in Deutschland aus. Das Wirtschaftsleben kommt in großen Teilen zum Erliegen und für eine Vielzahl von Betrieben liegen behördliche Untersagungen vor. Als Reaktion auf die Pandemie hat der Gesetzgeber nunmehr am 25. März 2020 im Bundestag ein umfassendes Maßnahmenpaket verabschiedet, dem am 27. März auch vom Bundesrat zugestimmt wurde. Für laufende Mietverhältnisse sieht das Paket ebenfalls Regelungen vor. Keine Frage wird derzeit heißer im Markt diskutiert, ob die April-Mieten von Gewerberaummietern gezahlt werden oder in größerem Umfang ausfallen.
Nachdem im Erstentwurf des Justizministeriums noch ein generelles Moratorium für Mieten für die Monate April bis September und ein Kündigungsschutz für Corona-bedingte Mietrückstände in diesem Zeitraum vorgesehen war, sieht das vom Bundestag beschlossene Gesetz demgegenüber eine zweifache Beschränkung ein. Zum einen wurde das Moratorium für Miet- und Pachtverträge vollständig gestrichen und zum anderen wurde der relevante Zeitraum zunächst auf die Monate April bis Juni 2020 beschränkt, jedoch mit der Option, diesen Zeitraum um 3 weitere Monate zu verlängern. Es ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber hiervon Gebrauch machen wird, wenn sich nicht eine schnelle Eindämmung der Infektionen und / oder die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das neuartige Corona-Virus abzeichnet.
Da Anfang April (in den meisten Verträgen wird dies am 3. April als drittem Werktag der Fall sein) die ersten monatlichen Mietzahlungen in Corona-Zeiten fällig werden, stellt sich die Frage, wie Mieter insbesondere, aber nicht ausschließlich, in den von der Untersagung des Betriebs betroffenen Branchen reagieren werden.
Aus dem Markt gibt es sehr verschiedene Signale: Während eine Vielzahl von Mietern, unter anderem der DAX-Konzern Adidas, mehr oder weniger unverhohlen ankündigt, keine, oder nur eine stark reduzierte Miete für ihre Mietflächen zu zahlen, bemühen sich andere Mieter darum, mit dem Vermieter in einen Dialog zu treten, um eine Stundung und/oder Reduzierung der Miete für den Zeitraum der Pandemie im Verhandlungsweg zu erreichen.
Um mit einem im Markt kursierenden Fehlverständnis aufzuräumen, die Mietzahlungen seien bis Ende Juni gestundet: nein!
Miet- und Pachtverträge sind von dem Moratorium für Wohnraummieter und Kleinunternehmer im Gesetz ausdrücklich ausgenommen.
Es gilt daher – sofern man nicht über die Grundsätze des Wegfalls oder der Störung der Geschäftsgrundlage zu einem anderen Ergebnis gelangt – der Grundsatz: Pacta sunt servanda (Verträge sind zu erfüllen).
Ausnahmen von diesem Grundsatz kommen nach unserer Beurteilung allenfalls bei behördlicher Untersagung des Betriebs im Allgemeinen, so z.B. für Restaurants, Bars oder Fitnessstudios, in Betracht.
Nochmals nein, sofern sich diese nicht im Einzelfall über den Wegfall der Geschäftsgrundlage begründen lassen. Aber selbst in besonders gelagerten Fällen, in denen ein Wegfall der Geschäftsgrundlage denkbar scheint, birgt das Fehlen von gesicherter Rechtsprechung durch die Unsicherheit Risiken für beide Parteien.
Folge ist, dass sich der Mieter in diesem Fall vollständig oder anteilig mit der Miete im Verzug befindet und dem Vermieter den gesetzlichen Verzugszins von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB schuldet.
Daneben ist zu beachten, dass dem Vermieter neben der Forderung zur Zahlung des Verzugszinses bei rechtswidrigem Zurückhalten der Miete auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Mietsicherheiten im Rahmen des Sicherungszwecks möglich ist.
Neben dem gesetzlichen Vermieterpfandrecht kommt dabei vor allem der Zugriff auf die Mietsicherheit in Betracht, die im Gewerberaummietverhältnis üblicherweise als Bankbürgschaft, Barsicherheit oder Patronatserklärung gegeben wird und die für Einzelhandel üblicherweise 3-6 und für Hotels bis zu 18 Monatsmieten (netto oder brutto) beträgt. Da die Mietverträge vielfach auch die Pflicht des Mieters enthalten, rechtmäßig in Anspruch genommene Mietsicherheiten wieder auf den vereinbarten Umfang aufzufüllen, wäre der Mieter zusätzlich zur Leistung einer neuen Sicherheit verpflichtet.
Im Fall der pflichtwidrigen Zurückbehaltung der Miete besteht überdies das Risiko, dass durch den Mietausfall mittelbar auch die Finanzierung des Vermieters gefährdet wird, weil dieser die Darlehensraten nicht zurückführen kann oder aber gegen bestimmte Verpflichtungen (Covenants) aus dem Darlehensvertrag verstößt, die den Darlehensgeber zur Kündigung berechtigen können.
Tipp: Wir empfehlen Vermietern bzw. dem für diese tätigen Asset Management vor diesem Hintergrund, die Mieter vorsorglich (jedenfalls dann wenn es Signale gibt, dass die April-Miete ausfallen könnte) anzuschreiben und auf die Verpflichtung zur fristgerechten Zahlung der vollständigen Miete hinzuweisen und auf die Folgen der (im Regelfall) rechtswidrigen Verweigerung der Zahlung einschließlich der Gefährdung der Finanzierung des Vermieters hinzuweisen. Hiermit wird die Position des Vermieters deutlich verbessert, im Fall des mietausfallbedingten Scheiterns des Darlehensvertrags Regress für den Folgeschaden durch die Kündigung des Darlehensvertrags beim Mieter zu nehmen.
Der Gewerberaummietvertrag geht im Regelfall von einem partnerschaftlichen Miteinander der Parteien, die sich üblicherweise mehrere Jahre, im Hotelbereich sogar Jahrzehnte aneinander binden, aus. Im Grundsatz hat daher – sofern keine Ausnahmesituation eines schon zuvor belasteten Mietverhältnisses ausgeht – keine der Parteien ein Interesse, der anderen Partei nachhaltig zu schaden und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Die folgenden Überlegungen gehen von dieser Annahme aus.
Es bietet sich daher - gerade wegen der Unsicherheiten einer gerichtlichen Entscheidung und den erheblichen Risiken für beide Parteien – an, dass gerade von Mieterseite Verhandlungen über Stundungen und / oder Reduzierungen während der Krisenmonate und der Beeinträchtigung des Betriebs des Mieters vereinbart werden.
Auch der Vermieter hat regelmäßig ein Interesse daran, dass der Mieter die Krise wirtschaftlich überlebt und das Mietverhältnis danach wieder in geordneten Bahnen fortgesetzt wird.
Doch selbst wenn es den Parteien gelingt, wirtschaftliche Einigkeit über die Stundung herbeizuführen, lauern hier Gefahren:
Die „schönste“ und harmonischste Stundungsabrede zwischen Vermieter und Mieter ist für den Vermieter wertlos, wenn der Vermieter durch die Stundung selbst in eine derart wirtschaftliche Schieflage gerät, dass seine eigenen Darlehensverbindlichkeiten nicht mehr an den Darlehensgeber geleistet werden können.
Holen Sie daher den Finanzierer bei jeder Stundungsabrede an Bord und stimmen Sie diese ab bzw. holen Sie bei einer Vielzahl von Mietverträgen im Objekt eine allgemeine Zustimmung des Finanzierers zur Stundung ein.
Daneben ist der Finanzierer immer auch dann zwingend zu beteiligen, wenn Mieterdienstbarkeiten vereinbart sind und diese dem VDP-Standard entsprechen, weil diesem zufolge Änderungen der Regelung über die Höhe und Fälligkeit der Miete der Zustimmung der finanzierenden Bank bedürfen.
Unser Feedback aus dem Markt zeigt auch, dass viele Finanzierer (gerade in aktiven Geschäftsbeziehungen mit dem Vermieter) bereit sind, Stundungslösungen Vermieter - Mieter im Rahmen des Darlehensverhältnisses zu unterstützen.
In hektischen Krisenzeiten mit wenigen Tagen zwischen der Verabschiedung des Hilfspakets der Regierung und der Fälligkeit der nächsten Miete dürfte es der Vertragswirklichkeit entsprechen, dass viele Mieter und Vermieter auf sehr “hemdsärmelige” Weise, d.h. entweder mündlich oder per Email Stundungsvereinbarungen treffen. Es liegt auf der Hand, dass diese Vereinbarungen nicht der gesetzlichen Schriftform des § 550 BGB entsprechen mit der bekannten Folge der vorzeitigen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit mit der gesetzlichen Frist für beide Parteien. Auch wenn der BGH in bestimmten Konstellationen Stundungsvereinbarungen vom Schriftformerfordernis ausgenommen hat, besteht für diesen Fall ein erhebliches Risiko, dass auch in diesem Fall wäre das angestrebte Ergebnis einer langfristigen Sicherung des Mietverhältnisses nicht erreicht würde.
Selbstverständlich sind die Stundungsvereinbarungen darauf ausgerichtet, dass das Unternehmen des Mieters stabil bleibt. Bei der Umsetzung der Stundungsabrede ist zur Sicherheit darauf zu achten, dass nicht Zahlungen, die aufgrund dieser neuen Zahlungsvereinbarung getätigt werden, in einer Insolvenz des Mieters infolge Anfechtung durch den Insolvenzverwalter zurückgezahlt werden müssten. Das Maßnahmenpaket enthält mit Blick auf die Insolvenz Erleichterungen für Gläubiger, welche Kredite und Sicherheiten gewährt haben, ist aber für die Stundungsabrede nicht eineindeutig anwendbar.
Im Regelfall leider nein.
„Klassische“ Betriebsunterbrechungsversicherungen setzen zunächst einen Sachschaden an Betriebsvorrichtungen des Mieters voraus. Hieran fehlt es bei einer Pandemie erkennbar, weil diese zwar zur Einstellung des Betriebes führen kann, die Sachsubstanz des Betriebes dabei aber nicht beschädigt wird. Die Einstellung des Betriebs führt vielmehr zu reinen Vermögensschäden.
Vermögensschäden sind allenfalls durch sogenannte „All-Risk“- oder „Extended-Coverage“-Policen versicherbar. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass diese Policen häufig Ausschlüsse für „Pandemien“ enthalten. Wann man versicherungsrechtlich belastbar von einer Pandemie ausgehen kann, hängt nach den Bedingungswerken vieler All-Risk- oder „Extended-Coverage-Policen davon ab, welchen Status einer Pandemie das Robert-Koch-Institut wann und für welche Region festgelegt hat. Allein dann, wenn der Pandemie-Ausschluss nicht greift und dem Mieter auf Grund des Handelns des Gesetzgebers die wirtschaftliche Nutzung des Betriebs vollständig unmöglich ist, kommt eine Inanspruchnahme in Betracht. Auch sind bei der Anzeige von Versicherungsfällen diverse Mitwirkungspflichten zu erfüllen, von denen der Versicherungsschutz abhängen kann. Im Ergebnis lohnt sich daher stets, die Versicherungspolice auf Ausschlüsse und Mitwirkungspflichten hin zu untersuchen, bevor ein Anspruch geltend gemacht wird.
Reden Sie gern mit uns zum Thema Stundungsvereinbarungen, aber noch wichtiger: Reden Sie miteinander! Auch wenn das sogenannte Social Distancing derzeit der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts und anderer Virologen entspricht, kann dies nicht für die Vertragsparteien von Mietverhältnissen gelten. Zum einen ist schon der Begriff Social Distancing unpräzise und müsste eigentlich durch Physical Distancing ersetzt werden (es geht nicht um die allgemeine Vermeidung von sozialen Kontakten, sondern zu starker physischer Nähe, die dem Virus den Übergang ermöglicht) und zum anderen ist der Eintritt in den Dialog (bzw. durch Einbindung des Finanzierers des Vermieters der Trialog) der richtige Ansatz zu einer gemeinsamen Lösung, die es beiden Vertragsparteien ermöglicht, die Krise zu meistern. Weder der von Einzelhändlern angekündigte „Wild-West-Ansatz“ einer rechtsgrundlosen Nichtzahlung, noch eine rücksichtslose Durchsetzung der Vermieteransprüche werden dem Ziel des Erhalts des Mietverhältnisses gerecht. Auch gesamtgesellschaftlich und ökonomisch ist die Krise die Stunde gemeinsamer Lösungen.
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