Dieser Artikel wurde am 8. Juli 2020 aktualisiert
Am 1. Juli 2020 treten in Deutschland die Meldepflichten nach DAC6, den neuen EU-Offenlegungsvorschriften, in Kraft. Danach müssen Steuerpflichtige und ihre Steuerberater grenzüberschreitende Steuergestaltungen den lokalen Steuerbehörden melden, wenn diese Gestaltungen bestimmte Kriterien erfüllen - auch dann, wenn es sich nicht um „aggressive Steuerplanung“ handelt. Im Folgenden erläutern wir, warum diese neuen Regelungen für Sie relevant sind.
Aufgrund von Äußerungen des Bundesfinanzministeriums in der Vergangenheit und der Einführung einer Richtlinie der EU-Kommission wurde bislang davon ausgegangen, dass sich die Frist für die Einhaltung von DAC6 wahrscheinlich bis ins 3./4. Quartal 2020 oder sogar bis Ende Januar 2021 hinauszögern wird.
Am 6. Juli 2020 teilte jedoch eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums auf der Bundespressekonferenz mit, dass man von Seiten des Ministeriums an der ursprünglichen Frist festhalten und diese nicht verschieben wolle. Als Reaktion haben bereits mehrere Verbände und Interessensvertreter angekündigt, an das Bundesfinanzministerium herantreten und für eine Verschiebung eintreten zu wollen. Vor diesem Hintergrund sollte eine endgültige Entscheidung noch abgewartet werden. Vorsichtshalber sollten sich Steuerpflichtige dennoch darauf vorbereiten, ihren Verpflichtungen nach DAC6 ab dem 1. Juli 2020 nachkommen zu können.
Um die Transparenz zu erhöhen, hat die Europäische Union (EU) Verpflichtungen für ihre EU-Mitgliedsstaaten ausgearbeitet, welche sog. Intermediäre (Steuerberater, Buchhalter, Rechtsanwälte, Banker und andere Dienstleister) und Steuerpflichtige dazu anhalten, Steuergestaltungen (einschließlich Strukturierungen und Transaktionen) mit bestimmten Merkmalen zu melden. Diese Steuergestaltungen müssen zwingend den örtlichen Steuerbehörden und, je nachdem welche Länder beteiligt sind, gegebenenfalls auch im Ausland gemeldet werden. Die zuständigen Steuerbehörden tauschen dann Informationen mit ihren Kollegen in anderen EU-Ländern aus. Die neuen obligatorischen Offenlegungsvorschriften sind in einer geänderten EU-Richtlinie über den automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden in der EU enthalten.1
Die Regelungen verfolgen drei Ziele:
Das Gesetz sieht vor, dass Mitteilungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen ab dem 1. Juli 2020 eingereicht werden müssen. Die Vorschriften gelten jedoch rückwirkend, da alle meldepflichtigen Gestaltungen, die ab dem 25. Juni 2018 konzipiert oder umgesetzt werden, gemeldet werden müssen.
Die Anzeige von Steuergestaltungen nach DAC6 wird erhebliche Auswirkungen auf Steuerpflichtige und ihre Steuerberater haben. Die Meldepflichten und der Austausch der gemeldeten Informationen werden wahrscheinlich zu mehr Untersuchungen und Prüfungen durch die Steuerbehörden und zu einer Zunahme von Steuerstreitigkeiten führen. Die Nichteinhaltung der Meldepflichten kann hohe Bußgelder nach sich ziehen (bis zu 25.000 € pro Fall). Die Steuerbehörden können Sanktionen für Gestaltungen verhängen, die ab dem 1. Juli 2020 die Voraussetzungen der Neuregelungen erfüllen.
Der weite Geltungsbereich der in den Vorschriften geregelten Kennzeichen (sog. Hallmarks), die zahlreichen Meldepflichten, der Flickenteppich aus EU-Vorschriften, die mangelnde Konsistenz bei der Auslegung dieser Vorschriften und die Androhung von Bußgeldern bergen sowohl die Gefahr der Über- als auch der Unterdokumentation. Daher sollte diesen Verpflichtungen zukünftig entsprechend hohe Bedeutung eingeräumt werden.
Intermediäre, die entweder in Deutschland ansässig sind oder u.a. ihre Dienstleistungen in einer deutschen Betriebsstätte erbringen, sind dazu verpflichtet, bei den Behörden Bericht zu erstatten. Intermediäre sind alle Personen, die an der Gestaltung oder Umsetzung einer meldepflichtigen Steuergestaltung beteiligt sind. Wenn es keinen Intermediär gibt, z. B. weil der Steuerpflichtige die Vereinbarung ausgearbeitet hat, ist der Steuerpflichtige selbst meldepflichtig. Steuerberater, Rechtsanwälte und Notare, die als Intermediär zu qualifizieren sind, gelten besondere Vorschriften des Berufsgeheimnisses. Die Vorschriften des Berufsgeheimnisses verbieten es diesen Intermediären, den Behörden Informationen über ihre Mandantenweiterzugeben. In diesem Fall muss der Intermediär trotz seiner Verpflichtung des Berufsgeheimnisses anonymisierte Daten über die mitteilungspflichtige Steuergestaltung offenlegen. Im Hinblick auf die Weitergabe von Personendaten gibt es für die zur Wahrung des Berufsgeheimnisses verpflichteten Intermediäre drei Möglichkeiten:
Grenzüberschreitende Steuergestaltungen (z.B. Strukturierungen und Transaktionen) müssen gemeldet werden, wenn sie bestimmte Kriterien, die im Gesetz als Kennzeichen (bzw. Hallmarks) bezeichnet werden, aufweisen. Die Kennzeichen sind Merkmale oder Eigenschaften einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung, die auf ein potenzielles Risiko der Steuerumgehung oder des Steuermissbrauchs hindeuten. Die EU-Richtlinie legt fünf Kategorien von Kennzeichen fest. Bei einigen Kategorien wird dem Zweck der Steuergestaltung und der Frage, ob die Erlangung eines Steuervorteils eine Hauptabsicht war, besondere Bedeutung beigemessen. Eine Transaktion oder eine Reihe von Transaktionen kann jedoch auch dann meldepflichtig sein, wenn sie nicht steuerlich motiviert war. Die Verpflichtung, eine Steuergestaltung zu melden bedeutet nicht, dass sie schädlich ist, sondern nur, dass sie für die Steuerbehörden zur weiteren Prüfung von Interesse sein kann.
Die EU-Richtlinie umfasst alle Arten von Steuern mit Ausnahme der Umsatzsteuer, Zölle und der harmonisierten Verbrauchssteuern.
Informationen über meldepflichtige Steuergestaltungen müssen innerhalb von 30 Tagen bei der zuständigen Steuerbehörde eingereicht werden, beginnend mit dem Tag, nachdem die meldepflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung zur Umsetzung zur Verfügung gestellt wurde, zur Umsetzung bereit ist oder wenn der erste Schritt der Umsetzung unternommen wurde, je nachdem, was zuerst eintritt. Sofern allerdings der Steuerpflichtige den Intermediär nicht von der Berufsgeheimnispflicht entbindet und dadurch die relevanten Daten selbst melden muss, beginnt die 30-tägige Frist erst mit dem Ablauf des Tages, an dem der Steuerpflichtige die meldepflichtigen Informationen vom Intermediär erhält.
Daraus ergeben sich die folgenden konkreten Zeitvorgaben bzw. Verschiebungen:
Aufgrund von Problemen bei der Datenübermittlung in Deutschland, erwog das Bundesfinanzministerium die Frist in beiden Fällen bis zum 30. September 2020 zu verlängern.2
Die Europäische Kommission hat am 8. Mai 2020 aufgrund der COVID-19-Krise eine Verschiebung um drei Monate vorgeschlagen3, d.h.:
In einer Richtlinie4 vom 19. Juni 2020 entschied der Rat den Mitgliedstaaten die Option zur Verschiebung der Meldefristen um sechs Monate zu eröffnen, d.h.:
Es bestünde die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung (maximal weitere drei Monate bis zum 30. April 2021).
Inzwischen gab eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums am 6. Juli 2020 im Rahmen der Bundespressekonferenz bekannt, dass Deutschland keinen Gebrauch von der Richtlinie machen wolle und es daher zu keinen Verschiebungen der Fristen in Deutschland komme – auch voraussichtlich nicht wie in dem Entwurf des BMF-Schreibens vom 2. März 2020 vorgesehen. Ob diese Entscheidung endgültig sein wird, bleibt jedoch abzuwarten.
Zu den meldepflichtigen Informationen gehören:
Die Neuregelungen erfordern eine angemessene Dokumentation von Steuergestaltungen, selbst wenn die Gestaltung nicht meldepflichtig ist. Wir empfehlen Steuerpflichtigen und ihren Steuerberatern, ihre Strukturierungen, Transaktionen, Produkte (und andere Gestaltungen) zu überprüfen, um festzustellen, ob eine Meldepflicht besteht. Sofern eine meldepflichtige Steuergestaltung vorliegt, sollte genau untersucht werden, wie die Gestaltung gemeldet und ggf. verteidigt werden kann, wenn sie von den Steuerbehörden überprüft und/oder angefochten wird.
Die Feststellung, ob es eine meldepflichtige grenzüberschreitende Steuergestaltung gibt, ist komplex und technisch anspruchsvoll. Wenn Sie Fragen zu diesen neuen Meldepflichten und ihren möglichen Auswirkungen auf Ihr Unternehmen haben oder wenn Sie Unterstützung bei der Feststellung benötigen, ob eine Steuergestaltung meldepflichtig ist, wenden Sie sich gern an unser Team.
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