Im Zusammenhang mit dem durch die COVID-19 Pandemie verursachten Notstand, hat die italienische Regierung verschiedene Maßnahmen zur Unterstützung der Unternehmen eingeführt, und dabei Hand an einige im Zivilgesetzbuches enthaltenen Vorschriften zu folgenden Themengebieten des italienischen Gesellschaftsrechtes angelegt:
Bis zum 31.12.2020 gelten für italienische Unternehmen folgende Ausnahmeregeln:
Die Wirtschaftskrise, die durch COVID-19 ausgelöst wurde, trifft auch Unternehmen, die vor der Epidemie wirtschaftlich gut dastanden. Für viele Unternehmen könnte die Pandemie zu einem Kapitalverlust führen, der nicht das wahre Potenzial dieser Unternehmen widerspiegelt.
Mit der Aussetzung der gesetzlichen Vorschriften zur Kapitalerhaltung will die Regierung vermeiden, dass die durch den COVID-19 verursachten Verluste die Verwaltungsorgane – von theoretisch gesunden Kapitalgesellschaften – vor die schwierige Wahl stellen entweder (i) die Gesellschaft unverzüglich zu liquidieren, oder (ii) das Risiko der Haftung für eine sogenannte unsorgfältige Geschäftsführung einzugehen (vgl. Artikel 2486 des italienischen Zivilgesetzbuches).
Grundsätzlich unterscheidet das italienische Zivilgesetzbuch zwischen:
Bei solchen Verlusten ist das Verwaltungsorgan einer Kapitalgesellschaft unter anderem dazu verpflichtet, unverzüglich einen Bericht zur Vermögenslage der Gesellschaft vorzubereiten und diesem eine Stellungnahmen des Aufsichtsorgans (falls benannt) beizufügen. Anschließend muss das Verwaltungsorgan die Gesellschafterversammlung der Gesellschaft einberufen, damit diese, auf der Grundlage des Berichts und der Stellungnahme, die angemessenen Maßnahmen für die Gesellschaft treffen kann. Dabei ist zu beachten, dass Bericht und Stellungnahme mindesten 8 Tage vor der Gesellschafterversammlung beim Sitz der Gesellschaft hinterlegt werden müssen, damit die Gesellschafter Einsicht in diese Unterlagen nehmen und sich auf die Gesellschafterversammlung vorbereiten können.
Im Laufe der Gesellschafterversammlung muss das Verwaltungsorgan außerdem über die relevanten Angelegenheiten berichten, die sich im dem Zeitraum zwischen der Erstellung des Berichts und der Gesellschafterversammlung ereignet haben.
Bis hierhin bleibt das vom Zivilgesetzbuch vorgesehen Verfahren vom Dekret unberührt und findet nach wie vor Anwendung.
Sobald die Gesellschafterversammlung die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, darf die Gesellschaft – ausnahmsweise und nur ein einziges Mal – die Verluste in das nächste Geschäftsjahr vortragen (sog. anno di grazia). Wenn sich die Verluste aber im darauffolgenden Geschäftsjahres nicht auf weniger als 1/3 des Stammkapitals verringert haben, dann muss die Gesellschafterversammlung ein zweites Mal einberufen werden, um die Herabsetzung des Stammkapitals im Verhältnis zum festgestellten Verlust zu beschließen. Sollte die Gesellschafterversammlung dieser Herabsetzung nicht nachkommen, dann müssen das Verwaltungsorgan und das Aufsichtsorgan (falls benannt) die Kapitalerhaltung durch das Landesgericht durchsetzen.
Durch das Dekret wird genau diese Kapitalerhaltungspflicht bis zum 31.12.2020 aufgehoben.
Sinkt das Stammkapital durch den Verlust mehr als 1/3 unter das gesetzlich festgesetzte Mindestkapital, so muss das Verwaltungsorgan unverzüglich die Gesellschafterversammlung einberufen, damit diese die Anpassung des Stammkapitals an die gesetzlich festgesetzte Mindestgrenze beschließen kann. Alternativ steht es der Gesellschafterversammlung zu die Umwandlung der Gesellschaft oder dessen Liquidation zu beschließen.
Auch diese Kapitalanpassungs- und Liquidationspflichten werden durch das Dekret bis zum 31.12.2020 aufgehoben.
Bis zum 31.12.2020 gilt für italienische Kapitalgesellschaften folgende Ausnahmeregel:
Diese weitere wichtige Maßnahme zielt darauf ab, Unternehmen einen angemessenen Zugang zu Gesellschafterdarlehen zu gewährleisten.
In seiner traditionellen Formulierung tendiert der Mechanismus der Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen dazu, die nominale Unterkapitalisierung von Unternehmen zu sanktionieren: in einer Situationen, in der das Unternehmen zwar über die notwendigen Geldmittel verfügt, diese jedoch nur minimal kapitalisiert worden sind (weil sie zum größten Teil in Form von Darlehen gewährt worden sind), besagt das italienische Zivilgesetzbuch, dass zunächst die Forderungen der Drittgläubiger befriedigt werden müssen.
In einer außerordentlichen Situation wie der jetzigen – in der der der italienische Gesetzesgeber einen höheren Finanzierungsfluss fördern möchte – sind diese Mechanismen für die Gesellschafter jedoch übermäßig abschreckend.
Der Nachrangigkeitsmechanismus findet laut italienischem Zivilgesetzbuch üblicherweise dann Anwendung, wenn die Gesellschafterfinanzierungen zu einem Zeitpunkt gewährt wurden, als zwischen dem Schuldenstand und dem Eigenkapital der Gesellschaft ein auffälliges Missverhältnis bestand oder in der finanziellen Lage einer Gesellschaft gewährt wurde, in der eine Einlage vernünftiger gewesen wäre.
Wurde die Rückzahlung innerhalb eines Jahres vor der Insolvenz der Gesellschaft getätigt, so ist diese außerdem zurück zu erstatten.
Für die Jahresabschlüsse (bilancio di esercizio) die sich auf das Geschäftsjahr 2020 beziehen, gelten folgende Ausnahmeregeln:
Durch diese Ausnahmeregeln verfolgt die italienische Regierung zum einen das Ziel die nachteiligen Folgen der Pandemie für die Unternehmen, die vor der Krise eine normale Kontinuitätsperspektive hatten, abzuwenden, und zum anderen das Ziel den Verwaltungsorganen mehr Zeit für die Vorbereitung des Jahresabschlusses einzuräumen.
In Bezug auf den Jahresabschluss dürfen die einzelnen Bilanzosten somit für das Jahr 2020 auf der Grundlage der Unternehmensfortführung bewertet werden, vorausgesetzt, dass die vorherigen Jahresabschlüsse ebenfalls unter dieser Prämisse erstellt worden sind. Diese Maßnahme erstreckt sich auch auf jene Jahresabschlüsse, die bis zum 23. Februar 2020 zwar abgeschlossen aber von der Gesellschafterversammlung noch nicht genehmigt worden sind.
Bei italienischen Unternehmen muss der Jahresabschluss i.d.R. innerhalb von 120 Tagen nach Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres von der Gesellschafterversammlung genehmigt, und innerhalb der darauffolgenden 30 Tage durch das Verwaltungsorgan im Handelsregister veröffentlicht werden. Die Gesellschafter können in der Satzung ihrer Gesellschaft zwar eine längere Frist – von bis zu maximal 180 Tagen – vorsehen, jedoch kann die Gesellschaft diese längere Frist nur dann in Anspruch nehmen wenn sie entweder (i) zu einem konsolidierten Jahresabschluss verpflichtet ist, oder (ii) gewisse, vom Gesetz nicht näher beschrieben, zweckgebundene bzw. strukturgebundene Gründe dafür hat.
Der Jahresabschluss besteht aus drei Bestandteilen: (i) der Vermögensaufstellung (stato patrimoniale), (ii) der Gewinn- und Verlustrechnung (conto economico), und (iii) dem Anhang (nota integrativa). Darüber hinaus ist ein Lagebericht zu erstellen (relazione sulla gestione).
Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses ist eine Reihe von Grundsätzen zu beachten. Der Jahresabschluss muss klar und übersichtlich sein, wobei Nachbesserungen in der Gesellschafterversammlung grundsätzlich möglich sind. Der Jahresabschluss hat außerdem der Wahrheit zu entsprechen, d.h. er muss vollständig und richtig sein. Dabei hat jede Bilanz von den Wertansätzen der vorhergehenden Bilanz auszugehen. Der Gesellschafterversammlungsbeschluss mit dem der Jahresabschluss genehmigt wird ist anfechtbar, wenn die Bilanz nicht klar, wahr und richtig ist.
Bis zum 31. Juli 2020 (oder bis zu dem später Datum zu dem der durch die COVID-19 Pandemie verursachte Ausnahmezustand verlängert werden sollte) gelten für italienische Unternehmen folgende Ausnahmeregeln:
Die oben beschriebenen Vorschriften zielen darauf ab, die soziale Distanzierung zwischen den Teilnehmern einer Gesellschafterversammlung zu gewährleisten.
Die Möglichkeit Stimmrechte in elektronischer Form oder per Korrespondenz auszuüben, oder Gesellschafterversammlungen in virtueller Form abzuhalten besteht (zumindest bei italienischen AGs (s.p.a.) und GmbHs (s.r.l.) eigentlich immer nur dann, wenn dies von der Satzung ausdrücklich vorgesehen ist, und auch in diesem Fall müssen sich Vorsitzende und der Schriftführer am gleichen Ort befinden.
Durch die oben beschriebenen neuen Vorschriften werden diese Vorgabe jedoch vorrübergehend aufgehoben. Betroffen sind nur die Gesellschafterversammlungen, die bis zum 31. Juli 2020 einberufen werden – oder bis zu dem später Zeitpunkt zu dem der durch die COVID-19 Pandemie verursachte Ausnahmezustand verlängert werden sollte.
Bei Gesellschafterversammlungen die durch Telekommunikationsmittel abgehalten werden ist außerdem zu berücksichtigen, dass:
Hinsichtlich Gesellschaften mit beschränkter Haftung gestatten es die neuen COVID-19 Vorschriften außerdem, dass sämtliche Stimmabgaben im Umlaufverfahren (consultazione scritta) oder durch ausdrückliche schriftliche Zustimmung (consenso espresso per iscritto) erfolgen können. Auch diese Möglichkeit besteht im Normalfall immer nur dann, wenn es die Satzung der Gesellschaft ausdrücklich vorsieht, und auch in letzterem Fall sind solche Stimmabgaben unter gewissen Umständen gesetzlich ausgeschlossen (z.B. wenn die Gesellschafterversammlung eine Satzungsänderung beschließt).
Diese Einschränkungen sind heute vorrübergehend aufgehoben worden.
Wenn Sie hierzu Fragen haben, kommen Sie gerne auf die Kollegen des German Desk in Italien zu.
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