Am 12. Juni 2020 hat die Bundesregierung zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie das zweite Corona-Steuerhilfegesetz beschlossen. Eine zentrale Maßnahme des Pakets ist die für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2020 befristete Senkung der Umsatzsteuersätze von 19% bzw. 7% auf 16% bzw. 5%. Dies stellt öffentliche Auftraggeber gleichermaßen wie private Unternehmen vor große Herausforderungen. Ist der jeweilige Leistungsempfänger nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt, wie beispielsweise Gebietskörperschaften oder öffentlich-rechtliche Körperschaften, so stellt die Umsatzsteuer keinen „durchlaufenden Posten“, sondern einen echten Kostenfaktor dar. Gleichzeitig können sich aber auch Gestaltungsspielräume eröffnen. Aus vergaberechtlicher Sicht kann sich die Senkung der Umsatzsteuer sowohl auf ein laufendes Vergabeverfahren als auch auf einen sich in der Umsetzung befindenden Bestandsvertrags auswirken.
Die zur Absenkung der Umsatzsteuer geplante Gesetzesänderung umfasst im Regierungsentwurf nur wenige Zeilen. Der Teufel liegt aber im Detail. Dies war spätestens dann klar, als das Bundesfinanzministerium am 12. Juni 2020 den Entwurf eines „begleitenden BMF-Schreibens“ veröffentlichte, der sich ausschließlich mit den Details der zeitweisen Senkung der Umsatzsteuer beschäftigt und insgesamt 18 Seiten umfasst. Ein zweiter Entwurf dieses Schreibens vom 23. Juni 2020 erstreckt sich auf 26 Seiten.
Stark vereinfacht ist auf eine Lieferung oder sonstige Leistung immer dann der zeitweise reduzierte Steuersatz anzuwenden, wenn der Lieferungs- bzw. Leistungszeitpunkt nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2021 liegt („Absenkungszeitraum“). Auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt es daher ebenso wenig an, wie auf den Zeitpunkt der Zahlung.
Wann aber der Zeitpunkt einer Lieferung oder sonstigen Leistung liegt, muss für jedes Vertragsverhältnis im Detail analysiert werden. Für jeden Vertragstyp gelten hierbei unterschiedliche Regelungen. Diese Analyse kann insbesondere bei typengemischten und langfristigen Verträgen schwierig sein. Werkverträge werden zum Beispiel im Regelfall einheitlich zum Zeitpunkt der Abnahme des Werks erbracht. Erfolgt die Abnahme also erst nach dem Absenkungszeitraum, so unterliegt die gesamte Werklieferung wieder dem Steuersatz von 19% bzw. 7%, auch wenn die Erstellung des Werks insgesamt im Absenkungszeitraum erfolgt ist.
Hier liegen aber auch Gestaltungsmöglichkeiten. Ist in einem Werkvertrag bislang nur eine Gesamtabnahme nach dem Absenkungszeitraum vorgesehen, ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, den Vertrag in steuerlich anzuerkennende Teilleistungen mit entsprechenden Teilabnahmen aufzuteilen. Erfolgt eine Teilleistung im Absenkungszeitraum so unterliegt die entsprechende Teilleistung und das darauf entfallende Entgelt nur einem Steuersatz von 16% bzw. 5%. Da es sich bei einer Teilabnahme aber um eine echte Abnahme in sich abgeschlossener Teile der Leistung mit allen rechtlichen Folgen (z.B. Beginn der Frist für Mängelansprüche) handelt, sind im Falle einer Vereinbarung von Teilabnahmen ggf. ergänzende Regelungen im Vertrag aufzunehmen (z.B. Beginn der Frist für Mängelansprüche bei Gesamtabnahme).
Die Umsatzsteuersenkung wirkt sich auf laufende Vergabeverfahren in mehrfacher Hinsicht aus. Zum einen sollten Vergabeunterlagen, insbesondere Preisblätter, daraufhin untersucht werden, ob der Umsatzsteuersatz fix mit 19% angegeben ist. Hier sollte unbedingt eine Anpassung vorgenommen worden. Derartige Anpassungen bleiben dem Auftraggeber unbenommen. Bei der Korrektur der Vergabeunterlagen hat der Auftraggeber lediglich die Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz einzuhalten.
Zum anderen stellt sich nach Ablauf der Angebotsfrist die Frage, ob in preislicher Hinsicht der angebotene Brutto- oder der Nettoangebotspreis zu bewerten ist:
Bei Bestandverträgen bestimmt sich der geltende Steuersatz grundsätzlich danach, zu welchem Zeitpunkt eine Lieferung oder sonstige Leistung erbracht wurde. Steht fest, dass ein Steuersatz von 16% bzw. 5% auf eine (Teil-)Leistung anzuwenden ist, wurde der Vertrag aber noch zu einem Zeitpunkt geschlossen, zu dem beide Parteien von einem Steuersatz von 19% bzw. 7% ausgegangen sind, so ist zu klären, ob die Senkung des Steuersatzes auch zivilrechtlich zu einem niedrigeren Anspruch des Leistungserbringers auf das Entgelt führt. Die Antwort auf diese Frage hängt maßgeblich von den Regelungen des entsprechenden Vertrages ab:
Betroffene Verträge sollten also in jedem Fall diesbezüglich analysiert werden. In unklaren Fällen dürfte es sich auch empfehlen, das Thema frühzeitig gegenüber dem Vertragspartner zu adressieren, um eine Klarstellung im Vertrag zu erreichen.
Unaufgeforderte E-Mails und andere Informationen, die Dentons erhält, werden nicht vertraulich behandelt, können an Dritte weitergegeben werden, erhalten möglicherweise keine Antwort und schaffen keine Anwalt-Mandanten-Beziehung. Wenn Sie noch kein Mandant von Dentons sind, schicken Sie uns bitte keine vertraulichen Informationen.
Die Seite, die Sie besuchen wollten, ist in der von Ihnen ausgewählten Sprache nicht verfügbar. Sie wurden auf einen entsprechenden Bereich unserer Webseite weitergeleitet.
Sie werden jetzt von der Dentons Website zur englischen $redirectingsite Website weitergeleitet. Wenn Sie fortfahren möchten, klicken Sie bitte auf Annehmen.
Sie werden jetzt von der Dentons Website zur Beijing Dacheng Law Offices, LLP Website weitergeleitet. Wenn Sie fortfahren möchten, klicken Sie bitte auf Annehmen.