In unserer Veröffentlichung vom 18. Juli 2018 haben wir bereits einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen der Markenrechtsreform gegeben. Nun ist das Markenrechtsmodernisierungsgesetz (MaMoG, die neuen Regelungen des MarkenG werden der Einfachheit halber als “neues MarkenG” bezeichnet) am 14. Januar 2019 in Kraft getreten, wobei für einzelne Regelungen abweichende zeitliche Vorgaben bestehen. Mit dieser Änderung des Markengesetzes wurde angestrebt, alle obligatorischen und eine Vielzahl der fakultativen Vorgaben der EU-Richtlinie zur Angleichung der Markenrechtsvorschriften (Richtlinie (EU) 2015/2436 des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken) in deutsches Recht umzusetzen.
Für die Markenpraxis sind insbesondere die folgenden Änderungen von Bedeutung:
Nach Inkrafttreten des Gesetzes wird das Erfordernis der grafischen oder visuellen Darstellbarkeit von schutzfähigen Zeichen bei der Eintragung einer Marke zukünftig keine Schutzvoraussetzung mehr darstellen (bisher §8 Abs.1 MarkenG). Analog zu den Regelungen in der Unionsmarkenverordnung sieht die neue Regelung nunmehr vor, dass in §8 Abs.1 neues MarkenG alle Marken zur Eintragung zugelassen werden, die im Markenregister derart dargestellt werden können, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Markenschutzes „klar und eindeutig bestimmen können“. Welche Anforderungen an dieses weit gefasste Kriterium zu stellen sind, bleibt abzuwarten. Ziel ist es, nunmehr auch Klangmarken, Multimediamarken u.ä. in geeigneter elektronischer Form als Marken eintragen können zu lassen.
Achtung bei der Planung von Anmeldestrategien: Eine Erstreckung der vorgenannten neuen Markenformen wird im Hinblick auf die Darstellungsanforderungen der WIPO zunächst nicht möglich sein.
Eine weitere Neuerung stellt die Implementierung der Gewährleistungsmarke in das deutsche Markenrecht dar. Im Vergleich zur Individualmarke steht bei der Gewährleistungsmarke nicht die Herkunftsfunktion (d.h. die Zuordnung einer Ware oder Dienstleistung zu einem Hersteller), sondern die Garantiefunktion (d.h. die Gewährleistung bestimmter Eigenschaften durch eine unabhängige Seite) im Vordergrund. Der Inhaber der Marke garantiert durch die Gewährleistungsmarke beispielsweise das Material, die Art und Weise der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen ebenso wie die Qualität, Genauigkeit oder andere relevante Eigenschaften der Waren. Bei dieser neuen Markenkategorie steht eindeutig die Garantiefunktion der Marke im Vordergrund. Neben weiteren Erfordernissen kann die Gewährleistungsmarke jedoch nur von Anmeldern angemeldet werden, die keine Tätigkeit ausüben, die die Lieferung oder Erbringung von Waren oder Dienstleistungen umfasst, für die die Gewährleistung besteht. Ziel der Gewährleistungsmarke ist es, unabhängigen Zertifizierungsunternehmern markenrechtlichen Schutz für ihre Gütesiegel oder Prüfzeichen zuzusichern. Der Gesetzgeber trägt mit der Einführung der Gewährleistungsmarke der Bedeutung von Gütezeichen für die Wirtschaft Rechnung und gesteht diesen einen eigenen rechtlichen Schutz zu.
Eine Erstreckung wird hier – anders als bei den unter Ziff. I genannten unkonventionellen Marken – zumindest im Hinblick auf die Darstellbarkeit grds. unproblematisch möglich sein.
Nach bisher geltendem Recht handelt es sich bei dem Verfahren zur Löschung einer entgegen §§ 3, 7 und/oder 8 Markengesetz („MarkenG“) eingetragenen Marke (§ 50 MarkenG; z.B. aufgrund fehlender Unterscheidungskraft) um ein reines Amtsverfahren. Ein Vorgehen im Klageverfahren sieht das Markengesetz nicht vor. Der Verfall einer Marke mangels rechtserhaltender Benutzung (§ 49 MarkenG) sowie die Nichtigkeit wegen Bestehens älterer Rechte (§ 51 MarkenG - relative Schutzhindernisse) kann mittels einer Klage vor den ordentlichen Gerichten – alternativ bzw. vorgelagert für den Verfall gem. § 49 MarkenG beim DPMA - geltend gemacht werden (§ 55 Abs.1 MarkenG).
In Folge der neuen Regelungen können künftig auch nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens relative Nichtigkeitsgründe im Amtsverfahren geltend gemacht werden. Hierdurch werden die Kompetenzen beim DPMA gebündelt. Dennoch soll es demjenigen, der um die Löschung einer Marke auf Grund von Verfall oder des Bestehens älterer Rechte ersucht, wie bisher möglich sein, diese auch vor einem Zivilgericht einzuklagen. Dem Kläger bzw. Antragsteller steht es somit im Ergebnis frei, ob er die Löschung gem. § 49 oder § 50 neues MarkenG beim DPMA oder vor einem ordentlichen Gericht führen möchte. Im Hinblick auf die höheren Kosten eines gerichtlichen Verfahrens und der markenrechtlichen Kompetenzen des DPMA ist jedoch zu erwarten, dass die meisten Verfahren künftig dort geführt werden
Der Gesetzesentwurf sieht ein Inkrafttreten der hier dargestellten Regelung erst zum 01. Mai 2020 vor. Auf diese Weise soll dem DPMA die Möglichkeit gegeben werden, sich angemessen auf die erhöhten Anforderungen vorbereiten zu können.
Auch geschützte geografische Angaben und geschützte geografische Ursprungsbezeichnungen, die nach nationalen oder europäischen Rechtsvorschriften geschützt sind, werden künftig im Anmelde- (§§ 8 Abs. 2 und 42 neues MarkenG) und im neuen Nichtigkeitsverfahren (§ 52 Abs. 3 neues MarkenG) berücksichtigt.
Erfreulich ist, dass sich nunmehr ein Widerspruch auf mehrere ältere Rechten eines Inhabers stützen lässt, § 29 Abs. 1 S. 2 neue MarkenV. Entsprechend des erweiterten Kreises absoluter Schutzhindernisse ergeben sich nun weitere Widerspruchsgründe in Form geschützter geographischer Angaben und geschützter Ursprungsbezeichnungen. Die Widerspruchsgebühren werden den neuen Gegebenheiten angepasst – EUR 250,00 für den Widerspruch basierend auf einem Zeichen. Jedes weitere angeführte Zeichen wird mit EUR 50,00 zu Buche schlagen.
Die bewährte cooling-off period des Verfahrens vor dem EUIPO erhält nun auch Einzug in das deutsche Verfahren: Mindestens zwei Monate werden den Parteien gewährt, um eine gütliche Lösung der Konfliktsituation herbeizuführen, § 42 Abs. 3 neues MarkenG. Dieser Zeitraum ist auf gemeinsamen Antrag der Parteien verlängerbar.
Praxistipp: Die Benutzungsschonfrist beginnt künftig mit dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr erhoben werden kann, je nachdem ist dies der erste Tag nach Ablauf der Widerspruchsfrist oder – im Falle eines eingelegten Widerspruchs – der Zeitpunkt, in dem die Beendigung des Widerspruchsverfahrens – aus welchem Grund auch immer – rechtskräftig wird, § 25 neues MarkenG.
Sah der § 43 Absatz 1 Satz 2 es bislang vor, dass in dem Fall, in dem der Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung nach der Veröffentlichung der Eintragung endete, der Widersprechende, wenn der Gegner die Benutzung bestreitet, es glaubhaft zu machen hatte, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 26 neues MarkenG benutzt worden ist, so entfällt diese Möglichkeit nun. In diesen Fällen ist auf das neue Verfallsverfahren zu verweisen.
Die Schutzdauer für nach dem 13. Januar 2019 angemeldete Marken endet zehn Jahre nach der Anmeldung, gerechnet ab dem Anmeldetag, § 47 Abs. 1 neues MarkenG. Im Hinblick auf die weiterhin durch das DPMA durchgeführten Benachrichtigungen hinsichtlich des Ablaufs der Schutzdauer der Marke gibt es aber hier zunächst ein Sicherheitsnetz für den Inhaber, der diese Änderungen nicht in seine Fristenüberwachung aufnimmt.
Praxishinweis: Die Fälligkeit der Verlängerungsgebühren tritt sechs Monate vor dem regulären Schutzenddatum ein.
Die Möglichkeit der Umklassifizierung entfällt künftig. Entsprechend findet sich in dem die Verletzungshandlungen bestimmenden § 14 neues MarkenG der klarstellende Hinweis, dass die Eintragung in derselben Klasse nicht vorgreiflich bestimmend für eine Verletzung (beim Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) ist und dass eine abweichende Klasse eine Verletzung im Übrigen nicht ausschließt.
Eine weitere Änderung betrifft die Rechte von Markeninhabern in Bezug auf unter zollamtlicher Beobachtung stehende Waren. Derzeit ist es Markeninhabern nach der Rechtsprechung lediglich möglich die Ein- und Ausfuhr schutzrechtsverletzender Waren zu verbieten.
Die Verbringung solcher Waren aus Drittländern und deren Durchfuhr aus Drittländern sowie die Beförderung in der EU stellt hiernach nur dann eine Schutzrechtsverletzung dar, wenn die Waren nachweislich Gegenstand einer an Verbraucher(innen) gerichteten kommerziellen Handlung ist.
Der Gesetzgeber hat diese Lücke im Rechtsschutz der Markeninhaber geschlossen, indem er vorgesehen hat, im Wege der Grenzbeschlagnahme auch gegen solche Transitware vorzugehen, wenn die betreffende Waren, einschließlich ihrer Verpackungen aus Drittstaaten stammen, und ohne Zustimmung eine Marke oder geschäftliche Bezeichnung aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen Marke identisch ist oder in ihren wesentlichen Aspekten nicht von dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung zu unterscheiden ist (§ 14a neues MarkenG).
Zugleich regelt die Vorschrift ein Erlöschen des Verbotsrechts im Fall des Nachweises der legitimen Anmeldung zum jeweiligen Zollverfahren durch den zollrechtlichen Anmelder oder Besitzer der Waren.
Den Markeninhabern wird somit ein weiteres effektives Mittel gegen die weiterhin steigende Zahl der Produktpiraterie-Fälle zur Verfügung gestellt, welches es ihnen ermöglicht auch in Deutschland u. a. gegen Durchfuhr, Umladung, Lagerung oder vorübergehende Verwahrung schutzrechtsverletzender Transitwaren vorzugehen.
Die vorbezeichneten Regelungen sind seit dem 15. Dezember 2018 in Kraft.
Der Lizenznehmer, die Art und der Umfang der Lizenz sowie der Bestand und Änderungen werden nunmehr auf Antrag (gebührenpflichtig) eingetragen werden können, § 34a neues MarkenG. Dabei ist von besonderer Relevanz, dass dies auch für den deutschen Schutzanteil internationaler Anmeldungen möglich ist – der deutsche Sonderweg in dieser Hinsicht wird beendet.
Gebührenfrei wird es hingegen möglich sein, die Veräußerungs- und die Lizenzierungsbereitschaft eintragen zu lassen, § 34b neues MarkenG. Ein kostenfreies, aber potentiell sehr wirksames Marketingtool!
Schließlich hat die gerichtlich bereits entschiedene Frage, inwieweit die bis zum heutigen Tage beibehaltene Nennung der “Gemeinschaftsmarke” in §143a MarkenG (alt) Auswirkungen auf die Strafbarkeit haben kann – nämlich keine – auch ihren Niederschlag im MaMoG gefunden. Der §143a MarkenG sanktioniert nunmehr die Verletzung einer “Unionsmarke.” Die Verweise auf ein “Verbot” und die “fehlende Zustimmung” sind leider geblieben. Ein auf Klarheit bedachter Gesetzgeber hätte die Chance nutzen und den Wortlaut durch Löschung dieser überflüssigen Formulierungen bereinigen können.
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